Sighard Neckel (Goethe-Universität Frankfurt am Main):
„Refeudalisierung" - Aktualität und Systematik eines Begriffs der Habermas'schen Gesellschaftsanalyse
Der Finanzmarktkapitalismus der Gegenwart wird heute mitunter heftig öffentlich kritisiert. Angesichts der Finanz- und Schuldenkrise und der anhaltend hohen Spekulationsgewinne ist dies vielleicht nicht weiter verwunderlich. Auffällig ist indes, in welche Richtung diese öffentliche Kritik weist, läuft sie vielfach doch auf die Einschätzung hinaus, dass der moderne Kapitalismus offensichtlich dabei ist, die Gesellschaft in längst vergangen geglaubte Zeiten „neofeudaler Strukturen“ von Reichtum und Macht zurückzuführen, in denen die Oberschichten aristokratische Privilegien genießen, während die unteren Sozialschichten dem sozialen Schicksal von Verarmung und Ausschluss ausgesetzt sind. Unter Verwendung des Begriffs der „Refeudalisierung“, wie ihn Jürgen Habermas einstmals entwickelt hat, werden im Vortrag Ökonomie und Sozialstruktur, Sozialpolitik und Ungleichheitsnormen der Gegenwartsgesellschaft daraufhin untersucht, ob und in welcher Weise sich aktuell tatsächlich ein gesellschaftlicher Wandel vollzieht, der im Zuge einer Modernisierung des Finanzmarktkapitalismus paradoxerweise zur Wiederkehr vormoderner gesellschaftlicher Strukturen führt.
Mitschnitt eines Vortrags, der am 28.3.2012 an der Universität Wien gehalten wurde.
Foto von Frankfurt am Main: Christian Wolf, www.c-w-design.de, CC BY-SA 3.0 de
Sendungsgestaltung: Andrea Reisinger
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