Wir arbeiten an einer neuen Version der Audiothek. Deswegen finden Sie neue Uploads vorübergehend auf https://mimi.phl.univie.ac.at.

Köprpergrenzen in der zweiten Person

30. Juni 2011 von Anne Reichold

Die teilnehmende Perspektive der zweiten Person ist für einen ethischen Personbegriff zentral. Darwall arbeitet in „The Second Person Standpoint“ ein interpersonales Zurechnungs-, Erwartungs-, und Anerkennungsnetz zwischen Personen heraus, das ethischen Begriffen wie Würde, Achtung und Moralität zugrunde liegt (Darwall 2006). Gründe, die ihre Gültigkeit auf der Grundlage von interpersonalen Autoritätszuweisungen und Verantwortungsrelationen erhalten, nennt Darwall „second-personal“. Zweitpersonale Gründe beruhen auf einer Vorstellung von Interpersonalität, in der Personen andere Personen als Personen ansprechen, anerkennen und behandeln. Im Vortrag wird die Frage gestellt, wie der Plural von Personen und die Grenzen zwischen ihnen in Ansätzen der „zweiten Person“ konzipiert werden können. Darwall selbst interpretiert die Person in Anknüpfung an Kant als freies und rationales Glied im Reich der Zwecke. Für diese „zweite Person“ scheint die körperlich-biologische Natur des Menschen keine Rolle zu spielen. Wie aber kann in einer derartigen Konzeption der Plural und die Andersheit der Personen gedacht werden? Auf welcher Grundlage gibt es unterschiedliche Personen, die sich ansprechen, etwas voneinander fordern oder sich zur Rechenschaft ziehen? In ontologischen Kontexten wird der Plural von Personen im Sinne der Zählbarkeit interpretiert: Personen werden raumzeitlich individuiert und voneinander unterschieden (Strawson 1977). Der Körper im Sinne der Raumzeitlichkeit erlaubt hier die Unterscheidung, den Plural und die Individuation von Personen. Allerdings ist diese Form der raumzeitlichen Individuation nicht spezifisch für einen personalen Plural. Auch Gegenstände werden so individuiert. Der Plural der zweiten Person zeichnet sich aber durch eine teilnehmende Einstellung aus, in der einerseits deutlich Grenzen zwischen Personen gedacht werden, zugleich aber auch Anerkennungsrelationen, in denen alle Glieder der Relation als Personen bestimmt werden. Im Vortrag wird für die These argumentiert, dass der menschliche Körper nicht in seiner individuierenden Struktur der Raumzeitlichkeit, sondern in seiner praktisch-lebensweltlichen Struktur als Leib für den zweitpersonalen Plural der Teilnehmerperspektive konstitutiv ist. Unter Rückgriff auf Strawsons Analysen der Teilnehmerperspektive in „Freedom and Resentment“ (Strawson 1974) wird die leibliche Struktur des zweitpersonalen Plurals der ontologisch relevanten Struktur des Körpers von Personen gegenüber gestellt. Der individuierbare Körper erweist sich aus zweitpersonaler Perspektive als abgeleitete Struktur personaler Körperlichkeit. Personen begegnen uns aus teilnehmender Perspektive als leibliche. Literatur: Darwall, Stephen: The Second-Person Standpoint: Morality, Respect, and Accountability. Cambridge 2006 Strawson, Peter: Individuals. London 1977 Strawson, Peter: Freedom and Resentment. In: ders,: Freedom and Resentment and other essays. London/New York 1974, 1-25.

Diskussion zum Vortrag.

8302 Aufrufe
1194 Gefällt mir 954 Abneigung
0 Kommentare

Kommentare

Noch wurden keine Kommenare geschrieben.

Schreiben Sie einen Kommentar

Anzeige aller Kennzeichen

Tags

Das hat keine Kennzeichen zugeordnet.

Feeds:
MediaCore Video Plattform
Mission Team Contribute Impressum