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Grenz-Aufhebung als inhaltliches und methodisches Prinzip einer kosmogonischen Fundierung der Ethik bei Hans Jonas

30. Juni 2011 von Frank Pauly

Grenzüberschreitung ist Programm bei Jonas. Er verweigert sich der Trennung von Philosophie und Naturwissenschaft und ist bemüht, beide in wechselseitige Beziehung zu setzen. Damit postuliert er, was ihm „naturphilosophisches“ Denken heißt. Biologie und metaphysische Spekulation werden ebenso aufeinander bezogen wie physikalische Daten auf ihre philosophische Dimension hin beleuchtet. Jonas läßt gar methodisch Diskursives und Mythisches sich gegenseitig spiegeln und „aufheben“. Es ist zu zeigen, daß jene methodische Grenzaufhebung Konsequenz des Inhalts seines Philosophierens ist. Denn im Zentrum des Denkens Jonas’ steht die Nivellierung vermeintlich sakrosankter Grenzziehungen. Das gilt sowohl für kosmologische Spekulationen wie für anthropologische und ethische Erwägungen, drei Aspekte, die grenzüberschreitend in ein eigentümliches Verhältnis gesetzt werden. Trotz der Popularität der ökologisch-orientierten Verantwortungs-Ethik, die Jonas entwickelt, wird kaum reflektiert, daß diese auf einem metaphysischen Entwurf beruht, innerhalb dessen die Nivellierung als selbstverständlich erachteter Grenzziehungen zentral ist: für Jonas ist u.a. der cartesianische Hiatus zwischen Geist und Materie unhaltbar; so postuliert er, daß es keinen qualitativen Sprung von Unbeseeltem zu Beseeltem geben kann, beide sind vielmehr miteinander vermittelbar, mithin ist „die Materie von Anbeginn schlafender Geist“. Allem Sein inhäriert eine „Innerlichkeit“ als protosubjektive Struktur, Bedingung der Möglichkeit von Bewußtsein und Leben überhaupt, dem gegenüber wir verantwortlich sind. Jenes Modell vorreflexiver Innerlichkeit begründet Jonas in dem philosophischen Mythos des kosmo-theogonischen „Weltabenteuers Gottes“, eines Absoluten vor und jenseits aller Limitabilität, das sich um der Freiheit seiner Schöpfung willen radikal der Endlichkeit übereignet; die Grenzen zwischen Schöpfer und Schöpfung, Gott und Mensch werden unscharf, der Mensch wird zum alleinigen Bewahrer der Schöpfung.

Diskussion zum Vortrag.

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