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Mensch sein – doch nach welchem Menschenbild?

3. November 2015 von Eckart Ruschmann

Vortrag am 10.Kongress der Österreichischen Gesellschaft für Philosophie, Innsbruck 2015. http://www.uibk.ac.at/ipoint/blog/1326563.html

Der Beitrag möchte die Bedeutung der Menschenbilder für den aktuellen philosophischen Diskurs aufzeigen und die möglichen unterschiedlichen bis kontroversen Positionen charakterisieren. Dabei wird auch der Anwendungsaspekt (Philosophische Praxis /Philosophische Beratung) einbezogen. Was ist der Mensch? so wird die „anthropologischeFrage“ – mit Bezug auf Kant – häufig formuliert. Dass die Frage in dieser Form nicht angemessen zu beantworten ist, wurde vor knapp 100 Jahren besonders deutlich, als zeitnahdrei anthropologische Entwürfe vorgelegt wurden (von Max Scheler, Helmut Plessnerund Arnold Gehlen), die in ihrer Beantwortung eben dieser Frage äußerst unterschiedlichausfielen. Seither wurden vermehrt andere Zugänge gewählt oder entwickelt, etwa der(rein deskriptive) Ansatz der „Historischen Anthropologie“, kulturanthropologische Versuche sowie die Orientierung am Personbegriff. Nun lässt sich die anthropologische Frageauch auf andere Weise stellen, die sie angemessener beantwortbar macht, nämlich als einenach dem Menschenbild. Statt also zu fragen: Was ist der Mensch? lautet dann die Formulierung: Welches ist dein Menschenbild? (Mit der Folgefrage: Und welche Auswirkungenhat dies für den Umgang mit dir selbst und mit anderen Menschen.) Dann wird – wissenschaftstheoretisch betrachtet – deutlich, dass Menschenbilder Hintergrundannahmen darstellen, weitgespannte Theorien, die eine weltanschauliche Fundierung haben. Sie sindempirisch nicht zu stützen, sondern bieten vielmehr den Deutungshintergrund für erfahrungsmäßige Daten, im persönlichen wie im wissenschaftlichen Kontext. Das wird eherselten thematisiert, im wissenschaftlichen Diskurs bleiben die eigenen anthropologischenHintergrundannahmen vielfach implizit. In der Psychologie hat diese Frage eine gewisseAufmerksamkeit gefunden, vor allem vor dem Hintergrund, dass die paradigmatischeAuseinandersetzung in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts sehr stark auf unterschiedlichen Menschenbild-Annahmen beruhte – die Humanistische Psychologie (diesich selbst als „Dritte Kraft“ bezeichnete) grenzte ihr positives Menschenbild scharf abgegen die damals dominanten (miteinander konkurrierenden) anthropologischen Konzeptionen der behavioristischen Psychologie und der Psychoanalyse, zu dem Zeitpunktnoch die führende psychotherapeutische Richtung. Dieses Thema wird in der Psychologiebis heute diskutiert und auch empirisch untersucht, etwa durch die Befragung von Psychologie-Studenten hinsichtlich ihres Menschenbildes. Auch in der Philosophie stehensich seit ihrem Beginn unterschiedliche, ja gegensätzliche Menschenbilder als Deutungshintergrund gegenüber. In der heutigen Zeit sind es insbesondere drei unterschiedlicheGrundpositionen: Naturalistische Ansätze, die dem Menschen den Status eines Tieres mit besonderer kognitiver Ausstattung geben,humanistische Ausrichtungen, die den Sonderstatus des Menschen betonen (oftmit starker Orientierung am Kultur- bzw. Personbegriff) und schließlichAnsätze, die den Menschen als ein mit „Geist“ (etwa im Sinne Schelers) ausgestattetes Wesen betrachten, das sich insbesondere auch durch Bezogenheit aufTranszendenz vom Tier unterscheidet.

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