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Geschütztes Leben, Mensch, Person. Näherungen über das und aus dem Recht

19. Februar 2016 von Michael Ganner, Caroline Voithofer

Vortrag am 10.Kongress der Österreichischen Gesellschaft für Philosophie, Innsbruck.http://www.uibk.ac.at/ipoint/blog/1326563.html

Das Recht ist fundamental in die Grenzziehungen zwischen den Kategorien „geschütztesLeben“, „Mensch“ und „Person“ involviert, obwohl es Großteils den Menschen als rechtlich vorgelagerte Einheit voraussetzt. Dies zeigt sich vor allem daran, dass sowohl der Beginn als auch das Ende des menschlichen Lebens stark – entweder ausdrücklich durchgesetzliche Reglungen oder implizit durch das Nicht-Tätigwerden des Gesetzgebers – reguliert sind. Wir bieten einen Überblick über die vorhandenen Regelungen des Gesetzgebers, deren Regelungszweck und über einschlägige Entscheidungen der Höchstgerichte. Dieser Überblick bildet die Basis für die kritische Diskussion der Rolle des Rechts in der(Re)Konstruktion der Grenzziehungen sowie von (un)gewünschten Körpern. In Bezug aufden Beginn des menschlichen Lebens werden wir auf Regelungen aus dem Bereich des Fortpflanzungsmedizinrechts eingehen. Anfang 2015 wird erstmals in Österreich eine ausdrückliche gesetzliche Regelung der Präimplantationsdiagnostik in Kraft treten. Ein Problemfeld, das sich dabei eröffnet, betrifft die Selektion von gewünschtem Leben, die dadurchauf die Phase vor Implantation von in-vitro geschaffenen Embryonen vorgelagert wird. DieSelektionsmöglichkeit setzt sich bis zum Eintreten der Wehen fort, wenn „eine ernste Gefahr besteht, daß das Kind geistig oder körperlich schwer geschädigt sein werde“ (§ 97 Abs1 Z 2 Strafgesetzbuch). Dies zeigt, dass der Lebensschutz in Österreich erst mit vollendeterGeburt vollkommen greift. Ein weiteres Problemfeld ist die ebenso ab 2015 erstmalig inÖsterreich zulässige Eizellspende, die der Gesetzgeber im Wesentlichen gleich geregelt hat,wie die Samenspende ohne dabei wesentliche Unterschiede zwischen den beiden angemessen zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang zeigen wir auch, dass über Körperteile(Zellen, Embryos) im Recht verfügt werden kann – ähnlich wie über (sonstige) Sachen.In Bezug auf das Ende des Lebens werden wir kurz auf das Thema Sterbehilfe eingehen.In Österreich ist die Mitwirkung am Selbstmord (§ 78 StGB) strafbar. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob den Grundprinzipien der Autonomie und Gerechtigkeitentsprochen wird, wenn z. B. Ehemänner, die ihre Ehefrau auf der Reise in die Schweizbegleiten, die dort assistierten Suizid in Anspruch nimmt, strafrechtlich verurteilt werdenoder wenn hochbetagte, schwerkranke Personen, die versuchen sich umzubringen, und wodas misslingt, in der Psychiatrie eingesperrt und zwangsbehandelt werden. Der EGMR hatdazu im Jahr 2002 im Fall Pretty/Vereinigtes Königreich festgestellt, dass es sich um einenEingriff in das durch Art 8 EMRK gewährleistete Recht auf Selbstbestimmung im Privatleben handelt, wenn jemand, daran gehindert wird, frei darüber zu entscheiden, wie er ausdem Leben scheidet. Ist dieser Eingriff ist gerechtfertigt, um Dritte zu schützen?

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