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Der Mensch als „geschichtliche Idee“. Phänomenologie des leiblichen Stils bei Maurice Merleau-Ponty

27. Oktober 2015 von Irene Delodovic

Vortrag am 10.Kongress der Österreichischen Gesellschaft für Philosophie, Innsbruck 2015.http://www.uibk.ac.at/ipoint/blog/1326563.html

In „Der Mensch und die Widersetzlichkeit der Dinge“ (1951) ermittelt Merleau-Pontyals bedeutender Verdienst des zwanzigsten Jahrhunderts eine neue Art von Humanismus,welcher den Versuch ablehnt, die Eigenschaften der „menschlichen Natur“ zu bestimmen, und vielmehr aus der Besinnung der Untrennbarkeit der menschlichen Werte vonden „Infrastrukturen“ ausgeht, die solche Werte ermöglichen. Darüber hinaus erkenntMerleau-Ponty, die ausradierte Trennung zwischen Körper (corps) und Geist (esprit)als eine der bedeutsamsten Eroberungen des vergangenen Jahrhunderts. Merleau-Pontyselbst wird zu Recht zu dieser Tendenz zugeordnet. In dem vorliegenden Beitrag wird dieRolle des Begriffs von leiblichen Stil im Denken Maurice Merleau-Pontys untersucht:es wird der Versuch unternommen, zu zeigen, dass solch ein Begriff sich in dem neuenIdeal vom „Humanismus“ einsetzt, welche Merleau-Ponty in dem obengenannten Aufsatz plädiert. Im Einzelnen wird die Untersuchung erweitert und vertieft, welche schonLinda Singer in ihrem Aufsatz „Merleau-Ponty on the Concept of Style“ (1981) skizzierthatte. Während Singer die Relevanz des Stils in Merleau-Pontys Deutung der Malereiund in seiner späten Ontologie unterstreicht, wird hier die These vertreten, dass das konstitutive Orientiert-sein des Menschen, das auf der Leiblichkeit beruht, als Hintergrundund Voraussetzung unseres „stilisierten“ und „stilisierenden“ Handeln fungiert. UnterAnlehnung an diese Betrachtungen wird es möglich sein, Merleau-Pontys systematischeAuseinandersetzung mit der Thematik der Geschlechtlichkeit, welche die Phänomenologieder Wahrnehmung (1945) enthält, ins Auge zu fassen. Laut Merleau-Ponty, eine Person alsMann oder als Frau zu erkennen heißt nicht die Beständigkeit eines Wesens oder einerEigenschaft wahrzunehmen, sondern die Fortdauer einer Handlungsweise. Durch dieseAussage beschränkt er sich auf die in der Tradition dominante Geschlechterkategorisierung: Unser Argument ist hier, dass es möglich ist, mit der Hilfe von Merleau-Ponty überMerleau-Ponty selbst hinaus zu gehen und dass der Stilbegriff uns zugute kommen kann,um diese binäre Gegensätzlichkeit zu verflüssigen. Der Begriff bietet sich also der Fragezum Mensch-sein als operativ um dadurch auch den Zusammenhang zwischen Normalität und Anormalität als Voraussetzung des Menschlichen zu revidieren.

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