Christa Felsberger
„ Zu Tod ́ würde ich mich schämen.- – Schämen, ich mich? Warum? Ich bin ja nicht schuld. – “ Überlegungen zu Aspekten der Scham
Der Titel meines Vortrags ist ein Zitat aus Schnitzlers Monolognovelle Fräulein Else, das ich zum Ausgangspunkt meiner Überlegungen zur Scham machen möchte.
Einen literarischen Text zu lesen, ihm zuzuhören, ist vergleichbar mit der psychoanalytischen Arbeit, wenn wir dem Sprechen der PatientInnen zuhören. Geschwindigkeit, Lautstärke, Tonfall, Affekt, Stottern, Zögern sind wichtige Begleiterscheinungen des Sprechens. Ellipsen oder Auslassungen, wie sie als Gedankenstriche oder Auslassungspunkte in der schriftlichen Form sichtbar werden, sind Formen des Nicht- Ausgesprochen- Werdens, auf die es lohnend ist zu achten, die auf Unbewusstes hinweisen können.
Ich möchte die Zuhörer auf ein gedankliches Experiment mitnehmen: Hätte Fräulein Else, die in eine heftige Schuld-Schamdynamik geriet, eine Möglichkeit gehabt diesem
selbstdestruktiven Zirkel zu entkommen, wenn sie zur Psychoanalytikerin und zum Sprechen (und nicht nur zum innerlichen Sprechen) gekommen wäre? Was hätte ihr Symptom sein
können, das dann auch hätte gedeutet werden können? Was wäre geschehen, wenn sie Scham im Gespräch hätte zulassen können, was hätte sich an unbewussten Identifizierungen
zeigen können und vielleicht bearbeiten lassen?
Anhand psychoanalytischer Konzepte möchte ich mich dem Thema nähern und es theoretisch erarbeiten.
Eine überarbeitete Fassung dieses Vortrags findet sich in Ulrike Kadi, Sabine Schlüter, Elisabeth Skale (Hg.): Vom Unbewussten III-IV. Sigmund-Freud-Vorlesungen 2014. Wien: Mandelbaumverlag 2015.
Die Sigmund Freud Vorlesungen sind eine Veranstaltung der Wiener Psychoanalytischen Akademie.