Platons "Euthyphron" zeigt gleich zu Beginn anhand von zwei Beispielen gerichtlicher Anklagen auf, wie unterschiedlich die Meinungen über Wert oder Unwert ein und der selben Handlung sein können. Die Relativität solcher Werturteile – und damit von Meinung überhaupt – kann aber prinzipiell sowohl den urteilenden wie den beurteilten Personen jederzeit bewusst werden, ob vor, während oder nach einer Handlung. Menschliche Praxis steht daher, zumindest potentiell, dauerd vor der Sinnfrage. Im "Euthyphron" will Platon darauf keine abschließende Antwort geben, sondern zuerst einmal jenes Problembewusstsein wecken, das als Bedingung für tiefer gehende philosophische Denkarbeit unerläßlich ist. Immerhin werden Ebenen der Erkenntnis angedeutet, die eine Überwindung des ungesicherten Meinungswissens in Aussicht stellen: eine Einladung zum Nach- und Weiterdenken.
Menschliche Praxis – die Suche nach Maß und Ziel. Zu Platons Dialog „Euthyphron“
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