Es gibt kein moralisches Gesetz in uns. Hegels Kritik an Kants Ethik

Hegels logische Kritik an Kants Praktischer Philosophie fokussiert auf den Begriff der Autonomie. Während es zwar immer so ist, dass jede Person selbst unterscheidend und wertend urteilen und entsprechend handeln muss, sind die Normen des rechten Urteilens und inferentiell konsequenten Handelns nicht durch die Einzelperson bestimmt. Der kategorische Imperativ artikuliert nur eine Bedingung der moralischen Konsistenz im Reden und im Handeln. Trittbrettfahrer müssen daher ihre unmoralischen Maximen lügnerisch verbergen. Aber eine noch so ehrliche Übereinstimmung zwischen meiner verbalen Anerkennung einer allgemeinen Erlaubnis mit meinem Tun ist bloß erst eine notwendige Bedingung für ein moralisch gutes Handeln. Die hinreichenden Bedingungen sind nie allein aus meiner Sicht zu bewerten; immerhin muss ich selbst gewissenhaft prüfen, ob die Maxime meines Handelns als die von mir gewählte Handlungsform verträglich ist mit einem schon gegebenen gemeinsamen Ethos allgemein anerkannter Kooperationsformen. Dazu muss ich als Person wissen, was alles in meiner sozialen Welt (und eben diese ist Hegels Sittlichkeit) moralisch bzw. rechtlich als erlaubt gilt – womit natürlich auch schon mitbestimmt ist, was verboten oder geboten ist. Es reicht also bei weitem nicht aus, redlich wollen zu können, dass eine Handlungsnorm oder gar mein neues Gesetz allgemein gelte solle.

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